Was wäre, wenn wir einfach mal offline wären?

Es ist schon fast absurd, dieses Thema zu wählen… es gibt jedoch einen Grund: Die gnadenlos unterschätze Abhängigkeit von seinem Smartphone.

Ab wann gibt oder nimmt es Dir Kraft, Anregung, Zeit?

Das Spannende ist: Jung und Alt sind dabei gleichermaßen betroffen wie Arm und Reich. Man könne natürlich ohne Probleme verzichten, so sagen sie, aber „man will nicht!“. Erreichbarkeit, wichtige Dinge zum Nachsuchen, sinnloses Im-Netz-Herumtreiben, natürlich Spielen und vieles mehr.

Versteht mich nicht falsch, ich bin fest davon überzeugt, dass ein moderner, mobiler Minicomputer tatsächlich sehr nützliche Eigenschaften haben kann. Doch wie viele davon hast Du wirklich auf deinem Smartphone? Zum Beispiel eine „Erste Hilfe App“, welche, wenn man dann doch mal in die unschöne Situation geraten lässt, einem lebensrettende Tipps gibt. Oder weißt Du noch genau, wie die stabile Seitenlage funktioniert?

Zurück zum Thema „Was wäre, wenn wir einfach mal offline wären?“: Es ist ein breiter Grad zwischen sinnvoller Nutzung, schöner Ablenkung für Zwischendurch und permanenter Abhängigkeit. Eine Pause mal Pause sein zu lassen, tief durchzuatmen, in den Himmel zu schauen oder einfach mal ein wenig nachzudenken und zu sinieren – meistens wird dann doch kurz das kleine Gerät herausgeholt. Man kann sagen, es ist wie die Pausenzigarette. Warum sollte man denn sonst auch draußen stehen und einfach nichts tun? Nein, das geht natürlich nicht.

Empfehlen kann ich, sich selbst auf die Probe zu stellen. Wenn Du nicht betroffen bist von der Abhängigkeit deines Smartphones, wird es Dir nicht schwer fallen ein, zwei Tage auf dein liebes Gerät zu verzichten. Einfach mal Zuhause lassen, tschüss sagen und den Tag „offline“ gestalten. Dies ging übrigens früher auch, wir haben das nur vergessen. Man hat sich halt verbindlich verabredet – hat auch seine Vorteile! Wirklich Sorgen mache ich mir um die Generationen, die jetzt heranwachsen (werden) und für die es selbstverständlich dazugehört, mit 10 Jahren nicht mehr herumzutoben. Digital Natives wachsen in einer Welt auf, in der die Selbstverständlichkeit der permanenten Nutzung, meiner Meinung nach, nicht ansatzweise reflektiert und thematisiert wird. Ab und zu eine „Lange-Weile“ zu haben und dadurch auf ganz neue Ideen zu kommen, ist doch genial. Passiert jedoch nur mit Zeit!

Wenn ich mit Bussen und Bahnen fahre, sehe ich Kinder, die sich nicht mehr angucken, wenn sie ein paar Worte wechseln. Sie schauen gebannt auf ihre Geräte, meistens jeder auf das Eigene. Für einen besonders hohen Sieg bei einem Spiel, oder einem sehr lustigen Foto wird dann vielleicht kurz einmal anerkennend hochgeschaut, aber natürlich nur kurz. Zu groß ist der Drang, wieder seinen Blick in die digitale Welt zu richten.

Entscheidend ist meiner Meinung nach, dass Du die Kontrolle hast und entscheidest, wann Du Dein Smartphone benutzt und wann nicht. Du solltest am längeren Hebel sitzen, nicht die verlockende Möglichkeit einer permanenten Berieselung der digitalen Möglichkeitswelt. Letztendlich ist die Frage, ob man die digitale Pausenzigarette braucht oder will? Oder diese Unterscheidung schon gar nicht mehr treffen kann? Denn die Metapher des Kettenrauchers lässt sich ziemlich gut auf die Nutzung des Smartphones übertragen. Und das „Kettensurfer“ inzwischen in der Öffentlichkeit ein ganz eigenes Bild von sich geben, lässt sich nicht mehr abstreiten. Mach Du doch einmal den Unterschied und guck Dir das ganze einmal an. Überlege Dir, was Du wirklich möchtest. Wie viel und wann. Durchbreche die Selbstverständlichkeit und entscheide Dich zur bewussten Nutzung.

Wenn Du einer der Mutigen bist, der diesen gewagten Selbstversuch starten will, einmal für einen Tag offline zu leben, sei es nur auf sein mobiles Endgerät bezogen, dem wünsche ich dabei viel Erfolg und tolles Entdecken der Kleinigkeiten des tatsächlich realen Lebens.

Schreibt vielleicht einfach mal für euch auf, was euch besonders gefehlt hat, was tatsächlich schwierig ohne war, was ihr genießen konntet. Ob es euch in eurer Balance für das tagtägliche Leben hilft, werdet ihr herausfinden können, aber natürlich nur, wenn ihr euch traut!

Herzlich und gerade online grüßend,

euer Nils

Linienspiel - was wäre, wenn wir einfach mal offline wären? Nils Schnell
Beglück Dich selbst, sei einfach mal offline

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Kommentare: 4
  • #1

    Hanna (Mittwoch, 25 März 2015 13:41)

    Lieber Nils,
    ich finde deinen Blog-Artikel sehr gut geschrieben und auf den Punkt gebracht. Mir persönlich graut es auch schon etwas vor den heranwachsenden Generationen, die ein Leben ohne Smartphone und ständigem online sein gar nicht mehr kennenlernen können.
    Ich freue mich auf weitere Artikel, Ideen und Anregungen von dir.

  • #2

    ennosembritzki (Samstag, 28 März 2015 13:20)

    Lieber Nils,
    als "Nichtsmartphonebesitzer" lauf ich eigentlich außer Konkurrenz, aber:
    Mein jüngerer Sohn hat schon damals, als er von elternlicher Seite ein Handy angedient
    bekam, einen instinktiv richtigen "Rückzieher" gemacht.
    Er scheint schon mit ca. 12 oder 13 Jahren gespürt zu haben, dass seine lieben Eltern das Angebot nicht ganz uneigennützig machten.
    Schließlich ging es auch damals schon um eine (permanente) Erreichbarkeit, die ihm nicht geheuer
    war. Sein Wunsch nach Privatsphäre - was für ein furchtbar altbackener Begriff - war ihm wichtiger als dieses Wundergerät.

    Ein Beispiel von hoffentlich vielen, die Dir noch zugehen sollten, so meine Hoffnung.

    Liebe Grüße von Enno

    P.S.: Allen, die es richtig "geil" finden, ständig online zu sein, empfehle ich die Lektüre von:
    Dave Eggers: Der Circle, falls sie es nicht schon kennen und nicht daraus gelernt haben.




  • #3

    Andrea Brand (Montag, 30 März 2015 18:05)

    Hi Nils, ein prima Blog sehr gut geschrieben und es ist immer wieder Thema, das Suchtmittel unserer Zeit.
    Ich hatte letztes Jahr einen 6 jährigen Jungen zur Kunsttherapie und in jeder Stunde nach 20 Minuten fragte er wie lange denn noch weil er wollte dann gerne wieder das neue Video spiel testen..jetzt bring mal den Eltern bei das ihr kleiner Junge schon süchtig ist..es ist schon wissenschaftlich bewiesen das Punkte 'scoren' bei den Video spielen das Glückshormon (wie heisst es gleich noch?) ausschüttet und das macht eben abhängig..wie so viele Substanzen..
    also schön weiter bloggen..freu mich
    liebsten Gruss aus dem Süden
    Andrea

  • #4

    Till (Mittwoch, 01 April 2015 14:10)

    Hej Nils,
    ein sehr schöner Blog zu einem sehr wichtigen Thema. Ich werde immer traurig, wenn ich kleine Grundschulkinder mit ihren Smartphones spielen sehe, anstatt mit ihren Freunden oder Geschwistern. Handys und das Internet sind heutzutage so selbstverständlich, dass sich fast niemand mehr überlegt, wie es ohne sie wäre. Ich jedenfalls genieße immer die (so gut wie) elektronikfreie Zeit auf Ramberget.
    LG Till